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Schnelles Internet im Wohnheim – wer hat’s ermöglicht?

An article published in SPIEGEL-EI edition2/2018, valid from 07.05.2018 to 27.05.2018.

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Von den Anfängen bis zur Gegenwart – kaum ein Student kann sich vorstellen, dass es Zeiten ohne Internet im Wohnheim gab.

Aufnahme der Spülbohrtechnik zur Eingrabung von Glasfaserkabeln aufgrund von Mangel an Fernwärmekanälen. Ein Mann steuert die Bohrung aus dem Häuschen der Maschine.
Erfindungsreichtum gefragt – Spülbohrtechnik für Glasfaserkabel in Ermangelung von Fernwärmekanälen.

Sollte das Internet im Wohnheim mal nicht funktionieren – einer weiß es spätestens nach drei Minuten, weil ihn Studenten und Hausmeister aus den Wohnheimen anrufen und dringend um Abhilfe bitten. Dieser „Retter in der Not“ heißt Eberhard Mittag, seines Zeichens Hauptsachbearbeiter DIT im Geschäftsbereich Dienstleistungen /Fachbereich Informationstechnologie.

Wie alles begann

Eberhard Mittag hat die Entwicklung des Internets in den Wohnheimen des Studentenwerks Dresden von den Anfängen in den frühen 1990er-Jahren bis heute miterlebt. Er weiß Bescheid über alles, was mit dem Aufbau des heutigen Glasfasernetzes (LWL) zu tun hat, da er den Gesamtprozess von der Planung über die Ausführung bis zum Betrieb begleitete.

1992/93 fragten die ersten Studenten nach einem Internet-Anschluss. Im April 1995 gaben der damalige Geschäftsführer des Studentenwerks, Dr. Rudolf Pörtner, gemeinsam mit dem damaligen Rektor der TU Dresden, Prof. Mehlhorn, den Startschuss für das Internet in den Wohnheimen, beginnend mit dem Wohnheim Fritz-Löffler-Straße 12 (Lö 12), das auch heute noch in der IP-Nummer-Zuordnungstabelle der Wohnheime die Nummer 1 trägt. „Die Studenten haben uns gezwungen mit ihrem ‘Wir wollen, wir müssen...’ lacht Herr Mittag. Mit wachsendem Bedarf wurde es dann erforderlich, Glasfaseranbindungen von der Telekom zu mieten.

Von der Laser- zur Funk-Lösung

Weil die darauffolgende Installation der Leitungen im Erdreich zur Zusammenführung der Netze in den anderen Wohnheimen auf Dauer zu teuer zu werden drohte, wurde eine Funk-Lösung zur weiteren Verteilung ins Auge gefasst. Aber auch das war keine ideale Lösung - Laser hingegen war damals schneller und zuverlässiger als WLAN.

Nach sechs Jahren Laser-Nutzung vom Dach des Wohnheims Fritz-Löffler-Straße 12 aus hatte die Funk-Lösung aufgeholt – sie war witterungsunabhängiger geworden und erreichte fast die gleiche Leistung wie die Laser-Technik. So wurde vom Studentenwerk für die nächsten 10 Jahre bis 2006 wieder auf Internet per Funk-Übertragung umgebaut. Diese Funkanbindungen sind heute noch in einigen kleineren Wohnheimen existent.

2005/06 stellte sich heraus: Der „Traffic-Hunger“ der Studenten verdoppelte sich im Dreijahresrhythmus und konnte nicht weiter nur mit der Einspeisung per neuen Funk- oder Lasertechnologien gestillt werden. Die Verbindung mit Glasfaser zwischen den Wohnheimen musste nun in Angriff genommen werden. Dieses riesige Projekt wurde eine Millioneninvestition – und das vorrangige Arbeitsgebiet von Eberhard Mittag an den Standorten Dresden, Zittau und Görlitz.

Erfindungsreichtum gefragt – Nutzung der Fernwärmekanäle für Glasfaserkabel

Es gab jedoch ein Problem: Das Studentenwerk Dresden durfte anfangs keine eigenen Glasfaser-Verbindungen verlegen. Der entscheidende Weg ergab sich, als die Versorgungskanäle der Wohnheime Wundt- und Hochschulstraße für die Fernwärme-Versorgung an die DREWAG übergeben wurden und der Gedanke aufkam, diese Kanäle auch für Glasfaserkabel zur Verbindung mit anderen Wohnheimen zu nutzen. Nur so kam man vom Wohnheim Fritz-Löffler-Straße 12 in das Areal Wundtstraße oder zum Beispiel in die weiter entfernte Budapester Straße.

„Mittlerweile haben wir fast 50 km eigenes Glasfasernetz gebaut – vorwiegend in Kanälen der DREWAG.“ so das Statement von Eberhard Mittag. Dort, wo uns die Energieversorger und Stadtwerke nicht helfen konnten, wurden in Eigenregie LWL-Verbindungen im Spülbohrverfahren errichtet, z. B. von der Gret-Palucca-Str. 11 zur Güntzstraße 22, in Zittau vom Wohnheim G zur Mensa oder auch in Görlitz von der Hochschule an der Brückenstraße zum Wohnheim Vogtshof.

Deutschlandweit gibt es in den Studienstandorten verschiedene Lösungen für die Internet-Anbindung der Wohnheime. In Dresden läuft die Versorgung über die Universität und das Studentenwerk trägt deren Provider-Rolle an die Studenten weiter. Mit Glasfaser-Verbindungen hat man eine deutlich geringere Ausfallrate als bei Funk oder Laser und ein hohes Maß an Sicherheit. Sie haben eine normale Lebensdauer von 30 Jahren. Derzeitig sind von der Universität alle Leitungen 10 GB-tauglich ausgebaut, die jetzt schrittweise eingespeist werden und durch Kopplung von Einzelfasern und neuer Übertragungstechnologien ohne weitere „Erdarbeiten“ noch wesentlich erhöht werden können. Es ist also immer noch “ Luft nach oben“. Für nachfolgende Generationen wird genügend Erweiterungspotential vorgehalten. Auch IP-TV mit beliebig vielen Programmen wäre mit diesem Netz denkbar. Es hat sich gelohnt: „Es ist mir so kein anderes Modell in Deutschland bekannt.“ meint Herr Mittag.

Sophia Schröder

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