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BAföG-Erhöhung - auch dieses Jahr wieder Fehlanzeige?!

An article published in SPIEGEL-EI edition14/2007, valid from 09.07.2007 to 22.07.2007.

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Das BAföG ist reformbedürftig. Diese Annahme veranlasste die Bundesregierung, mit einer 22. BAföG-Novelle die staatliche Ausbildungsförderung zu überarbeiten. Doch die Novelle wird nur wenige Verbesserungen bei der Ausbildungsförderung für die Studierenden mit sich bringen und auch erst im WS 08/09 wirksam werden.

Bei der kostenneutralen Mini-Reform halten sich Verbesserungen und Verschlechterungen die Waage. Während Studierende mit Kindern nunmehr bereits während des Studiums mit einem pauschalen Bedarfszuschlag von 113 Euro rechnen können, fällt beispielsweise die Erlassmöglichkeit der Darlehensrückzahlung bei Kindererziehung weg.

Doch die überfällige Erhöhung der Freibeträge und Bedarfssätze fehlt in der Novelle: Es ist wieder eine Nullrunde bei den Studierenden geplant. Entgegen eindeutiger Empfehlungen und Aufforderungen durch den BAföG-Beirat wurden die BAföG-Sätze seit 2001 nicht mehr angepasst. Im Vergleich zur Entwicklung der allgemeinen Einkommen und Lebenshaltungskosten haben die Studierenden im Vergleich zu 2001 bereits durch die Nichtanpassung der Bedarfssätze und Freibeträge 8 bis 10% an Einkommen verloren.

Am 21. Mai fand im Bundestag die Anhörung zur 22. BAföG-Novelle statt. Auch dort waren sich alle geladenen Experten einig, dass die Anpassung des BAföG überfällig ist. Klar ist, dass das BAföG alles andere als ein Auslaufmodell ist. Es bleibt das zentrale Instrument für Chancengleichheit in der Bildung und ist eine dringende Voraussetzung für Studierende gerade aus sozial schwächeren oder bildungsfernen Schichten. 1971 wurde das BAföG als vollständiger Zuschuss von der Bundesregierung unter Kanzler Willy Brandt eingeführt. Mit dem individuellen Recht auf einkommensabhängige Ausbildungsförderung leistete es zusammen mit der Abschaffung von Hörergeldern einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Bildungschancen großer Teile der Bevölkerung. Mit immer weiteren Fördereinschränkungen, Ausweitung der Darlehensanteile und insbesondere durch die Überführung des BAföG zum Volldarlehen 1983 von der Bundesregierung unter Kohl, sank die Gefördertenquote bis Ende der 90er Jahre immer weiter. Trotz Umstellung auf das heutige Halbzuschussmodell mit der Wiedervereinigung hat die Aushöhlung der staatlichen Studienfinanzierung seitdem, mit Ausnahme einer kleinen Anhebung der Beträge 2001, zugenommen. Der Tiefstand wurde 1998 erreicht: Es erhielten nur noch 12,6% der Studierenden eine BAföG-Förderung; denn obwohl in § 35 des Ausbildungsförderungsgesetzes eine Überprüfung und Anpassung der Beträge alle zwei Jahre verpflichtend vorgeschrieben ist, hat die ebenfalls zu berücksichtigende finanzwirtschaftliche Entwicklung scheinbar höhere Priorität.

Die 22. Novelle soll neben den Zuschlägen bei Kindererziehung auch eine Erhöhung der Hinzuverdienstgrenzen bringen, so dass Minijobs ohne BAföG-Kürzung möglich sind. Außerdem kann das BAföG schon mit dem ersten Semester ins Auslandsstudium mitgenommen werden, allerdings werden die Vollzuschüsse für Studiengebühren im Ausland und Auslandszuschläge zu Konditionen der BAföG-Normalförderung umgewandelt. Neu ist, dass nunmehr auch Studierende mit Migrationshintergrund mit einem dauerhaften Aufenthaltsstatus BAföG erhalten können.

Die Konferenz sächsischer Studierendenschaften (KSS) hat ebenso wie der freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften (fzs), der bundesweite Studierendendachverband, angemahnt, dass eine deutliche Erhöhung der Freibeträge und Bedarfssätze in der Novelle enthalten sein muss. Fraglich bleibt, ob die prognostizierten Steuermehreinnahmen auch einem sozialen Zweck dienen werden und ein Teil in das BAföG fließen wird. Erfreulich scheint dabei, dass sich SPD-Fraktionschef Struck und Bundesbildungsministerin Schavan einig sind, dass etwa 290 Millionen Euro in das BAföG gesteckt werden müssen. Nach derzeitigen Verlautbarungen aus dem Bundestag soll die Erhöhung erst 2008/2009 wirksam werden.

Christoph Lüdecke, Geschäftsführer Soziales des Studentenrates der TU Dresden

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