Demokratie war gestern - das neue Hochschulgesetz

An article published in SPIEGEL-EI edition19/2007, valid from 29.10.2007 to 11.11.2007.

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Das Studentenwerk gibt dem TU-STURA die Möglichkeit, nachfolgendes Positionspapier als Ergebnis der Arbeit aller in der Konferenz der Sächsischen Studierendenschaften organisierten StuRä, aber ganz besonders des HTW-StuRa, hier im Spiegel-Ei zu veröffentlichen. (1. Teil)

Im Osten nichts Neues? "Von wegen" dachte sich die sächsische Landesregierung und bastelt nun schon seit Jahren am neuen Hochschulgesetz. Und weil der Begriff "Reform" verbraucht und "Revolution" so unzutreffend ist, spricht man hierzulande von der "Novellierung" des SächsHG. Das hat nichts mit Telenovela zu tun und wird auch nicht als Novelle in die Geschichte deutscher Literaturkunst eingehen. Aber es wird uns betreffen. Es betrifft die Profs, die Mitarbeiter der Hochschule, uns Studierende und auch jene, die es noch werden wollen.

Aber was steht drin? Was wird geändert und wieso rebellieren die Studierendenvertreter, Personalräte und sogar mache Hochschulleitungen so dagegen? Wie soll eine Hochschule nach Vorstellung der Landesregierung zukünftig funktionieren? Und wieso funktioniert sie so nicht? Vieles versucht die Regierung hier einfach unter dem Deckmantel der Entbürokratisierung und Stärkung der Hochschulautonomie zu verändern. Wir verschaffen euch einen Einblick! Denn wenn das neue Hochschulgesetz dann ab Frühjahr langsam Einzug in unser aller Leben halten wird, werden bestimmt wieder welche fluchen: "Ach hätt ich doch..." Um das zu verhindern und um euch einen guten Grund zu liefern, gemeinsam mit uns Studierendenvertretern im Herbst demonstrieren zu gehen, haben wir dieses Papier verfasst.

Gremien
Der Senat ist das zentrale Gremium an einer Hochschule, zumindest ist er das im Moment. Er entscheidet alle Fragen, die mit dem Studienablauf zu tun haben. Hier haben alle Dekane einen Sitz, und zusätzlich werden Studierende, Professoren und Mitarbeiter der Hochschule in den Senat gewählt. Die Regierung meint nun aber, dass dieses Gremium zu groß und zu träge ist. Also wird im Zuge der Entdemokratisierung die Anzahl der Mitglieder auf 17 begrenzt. Natürlich haben die Profs auch weiterhin mehr als die Hälfte der Sitze. Neu ist, dass sie alle demokratisch gewählt werden. Klingt gut, die Sache hat aber auch einen Haken: Nicht jede Fakultät kann hier in Zukunft einen Vertreter haben. Aber wir wollen nicht alles schlecht reden, schließlich müssen bei Dingen, die die Studienorganisation betreffen, alle Studierende zustimmen, wenn nicht, bedarf es einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat, um Derartiges durchzubringen. Und wenn die eine oder andere Zustimmung dann gefunden ist, kann der Senat seine Stellungnahme abgeben, denn entscheiden wird er ja nicht mehr viel, nur noch beraten und Stellung nehmen. Ein Phänomen, was in diesem Gesetz an so mancher Stelle zu beobachten ist: Gremien beraten nur noch, aber einzelne Personen entscheiden.

Das sieht man auch im Fakultätsrat. Dort sitzen wieder Profs, Mitarbeiter und Studierende. Sie kümmern sich um alle grundsätzlichen Themen, die die Fakultät angehen. Wird ein Thema fakultätsübergreifend, muss sich der Senat einschalten. Das bleibt auch alles so im neuen Gesetz. Mit einer klitzekleinen Veränderung: Der Fakultätsrat hat in Zukunft nur noch beratende Funktion, die operativen Aufgaben nimmt nun der Dekan wahr. Wieder ein prächtiges Beispiel, wie wichtig unseren demokratisch gewählten Vertretern in der Landesregierung das System ist, welches sie selbst an die Macht gebracht hat.

Studiengang adé
Gut, wir haben da also schlimmstenfalls einen Senat, bestehend aus Leuten der stärksten Fakultäten an einer Technischen Hochschule und außerdem ein Rektorat, das die geisteswissenschaftlichen Studiengänge nicht so mag. Dann steht eigentlich nichts mehr im Wege, die für die Wirtschaft ja so unnützen Studiengänge abzuschaffen, oder? Aber Moment: Das Ministerium kann ja noch einschreiten, und dass die immer im Interesse der Studierenden handeln, ist uns ja allen bekannt.

Tschüss Konzil, willkommen Hochschulrat
Da gibt es dieses ominöse Konzil, keiner hat es je gesehen, und niemand war je auf einer Party, zu der es eingeladen hat. Das liegt wohl daran, dass es im Hintergrund arbeitet. Das Konzil entscheidet die Grundsätze, nach denen sich die Hochschule entwickeln soll und tagt mindestens einmal im Jahr. In ihm sind alle Mitgliedergruppen der Hochschule, also alle Fachbereichsräte, bestehend aus Dekanen, Professoren, Mitarbeitern und Studenten, vertreten. Da das Konzil sehr viele Mitglieder hat und es schwierig ist, einen Termin zu finden, an dem alle Zeit haben, wählt es den Senat, der das Tagesgeschäft erledigt.

Wenn es aber nach dem neuen Hochschulgesetz geht, ist das alles Schnee von gestern. Das Konzil wird abgeschafft, der Senat berät nur noch, und es wird ein Hochschulrat eingeführt. Die Hälfte dessen, was der Senat bisher entschied, fällt jetzt in die Verantwortung des Hochschulrates. Ganz im Sinne der Entdemokratisierung wird dieses Gremium aber nicht gewählt, sondern 75% der Mitglieder werden vom Ministerium ernannt. Dabei dürfen die Mitglieder aber nicht der Hochschule angehören. Das verbleibende Viertel wird vom Senat gewählt. Aber diese Leute dürfen in keinem anderen Gremium der Hochschule tätig sein. Zusammenfassend lässt sich sagen: Im Hochschulrat, der eine gewaltige Macht hat, sitzen nur Menschen, die keine Ahnung von der Hochschule haben oder bisher bei der Besetzung von Ämtern übergangen wurden. Es ist nicht davon auszugehen, dass dieses Gremium gut für die Zukunft der Hochschule ist.

Fortsetzung in Ausgabe 20
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