Als Tutor der Robert-Bosch-Stiftung in Dresden

An article published in SPIEGEL-EI edition5/2004, valid from 01.03.2004 to 14.03.2004.

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Es kann sein, daß es der schwierigste Teil von meinem Tutorat ist, die Tätigkeit zu erklären: Ich bin Teilnehmer des Tutorenprogramms der Robert Bosch Stiftung, aus meiner fernen Heimat USA nach Germany geflogen, von rund 70 der buntesten Leute begleitet, die ich je kennengelernt oder mir vorstellen konnte, und mit der Aufgabe betraut, meine Muttersprache und Kultur in Deutschland bekannt zu machen. Ich führe seit einem Semester ?Konversationskurse? durch und glaube, ich bin kurz davor, zu begreifen, was ein Konversationskurs tatsächlich ist. Befragt mich darüber noch einmal am Ende des Sommersemesters!

Seit Oktober wohne ich im Max Kade Haus an der Gutzkowstraße. Dresden ist seitdem eine meiner Lieblingsstädte geworden, deren kleiner Teil zu sein ich jetzt sehr stolz bin. Aber das ist einfach ein Glücksfall. Die Stiftung hätte mich genauso leicht an einen anderen Einsatzort schicken können, in denen meine Tutoren-KollegInnen jetzt tätig sind. Wir wurden wie Samen von der Hand des Bauern auf den fruchtbarsten Boden geworfen (wie gezielt, weiß nur der Bauer), um so zu wachsen, wie wir die Bedingungen vorfinden. Wenn man unser Tutorat auf eine konkretere Weise erklären will, besteht die Gefahr, auf den Gedanken zu kommen, dass Absicht und nicht das Schicksal die Tutoren steuert. Trotzdem versuche ich das weiter.

Das Tutorenprogramm der Bosch-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Studentenwerk und den örtlichen Studentenwerken ist seit über 10 Jahren so vielseitig wie wir Tutoren selbst. Das Dresdner Tutorenteam besteht in diesem Jahr außer mir noch aus Martina Fialova (Tschechien) und Agnieszka Surwillo (Polen). In der letzten Zeit waren wir alle im Rahmen der Fremdsprachenprogramme an der HTW und TU tätig. Unsere Kurse sind jedoch für die Studierenden aller Dresdener Hochschulen zugänglich. Ein Schwerpunkt unserer Tutorate sind die oben erwähnten Konversationskurse. Deren Aufgabe ist es, das Sprechen und Hören unserer jeweiligen Sprachen unter möglichst nicht fest geregelten Umständen zu ermöglichen.

Darüber hinaus bieten Agnieszka und Martina auch Unterricht für Anfänger und Fortgeschrittene, die ihre Kenntnisse der Grammatik, des Wortschatzes und der Aussprache des Polnischen oder Tschechischen verbessern wollen, an. Weiterhin gibt es von jedem von uns zusätzliche Angebote. Agnieszka hielt zum Beispiel einen Schreibübungskurs, der die Beherrschung der polnischen Schrift vervollkommnet, und hat auch das Feiern des polnischen Andreastags im Gutzkowclub organisiert. Ich veranstalte einen Workshop ?Kreatives-Schreiben?, in dem die TeilnehmerInnen in Englisch frei nach ihrer Phantasie, ohne fachliche Beschränkungen, schreiben können. Agnieszka und Martina zeigen regelmäßig Filme aus Polen und Tschechien und haben viele Länderabende im Rahmen des Erasmus-Stammtisches mitgestaltet.

Ab jetzt geht sowohl der Spaß wie auch das Lernen und die spannende Mehrdeutigkeit weiter: Agnieszka führt gerade eine Werkstattreise mit fotobegeisterten Studenten nach Polen durch, aus der in Zusammenarbeit mit parallelen Projekten ihrer Kolleginnen von anderen Studentenwerken im April eine Wanderausstellung in Dresden entstehen wird. Als Ergebnis meines Workshops Kreatives-Schreiben erscheint ein Heft, in dem die Werke der Teilnehmer gesammelt werden.

Am Rosenmontag veranstalten wir drei gemeinsam eine ?Internationale Karnevalsparty? im Studenten- club Bärenzwinger, wobei vermutlich die weniger ernsthafte Seite unserer Landeskundeaufgabe ins Spiel kommt. Wenn Ihr diesen Artikel lest, werden diese Projekte fast schon gelaufen sein, aber wenn Ihr dabei wart oder was angeschaut oder gelesen habt, wisst ihr nun, wie es zusammenhängt. Falls es Euch gefallen hat oder wenn ihr Fragen habt (z.B. über unsere Kurse, das Programm oder unsere rätselhaften Vergangenheiten) bzw. einen bei der Erscheinung dieser Ausgabe des Spiegel-Eis aktuelleren Überblick von unseren Projekten und Lehrangeboten bekommen möchtet, könnt ihr ohne zu zögern eine Email schreiben an Martina (mafialov@centrum.cz), Agnieszka (agagd@yahoo.com) oder mich (jaeck@hotmail.com). Wir freuen uns darauf, alle an unseren Sprachen und Kulturen Interessierten kennen zu lernen. Peace, signing off.

Gunnar Jaeck

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