Von Falken und Menschen

An article published in SPIEGEL-EI edition1/2009, valid from 05.01.2009 to 18.01.2009.

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Mitten in der Stadt gibt es sie noch - die Wildnis! Ich rede nicht von einer WG-Küche nach wilder Partynacht, sondern von den Turmfalken. Sie wohnen auf den Dächern der Wohnheime Wundtstraße 1,5 und 11. Ohne sich im Geringsten um Stadtlärm, Verkehrskrach und Baustellengeräusche zu kümmern, nisten sie auf Dächern und ziehen Jahr für Jahr ihre Brut auf.

Hausmeister Lutz Farack schaut zum bewölkten Dezemberhimmel und kommt ins Erzählen: "Als ich 1987 nach Dresden kam und Hausmeister in der Wundtstraße 1 wurde, gehörten die Wohnheime noch zu den jeweiligen Hochschulen. Ich war z.B. bei der Hochschule für Verkehrswesen angestellt. Alle Studenten einer Fachrichtung, ja, einer Seminargruppe wohnten zusammen, standen zur gleichen Zeit auf. Im Viererzimmer hatte man 25 m² zur Verfügung, im Zweierzimmer 15 m²." Lutz Farack stammt aus Görlitz, lernte Mauer im Kraftwerk Lübbenau-Vetschau und arbeitete dann einige Jahre im Kraftwerk Hagenwerder. Seine handwerklichen Fähigkeiten kommen ihm in seiner Tätigkeit als Hausmeister gut zu statten. Immer geht irgendwo etwas kaputt, und immer muss irgendwas repariert werden. Ganz vorn auf der Hitliste: die Leuchtmittel (normale Menschen sagen immer noch "Glühbirne"). Als Hausmeister der Wundtstraße 9 und 11 ist er der "Hüter" von über 400 Mietern.

Insgesamt können in den sechs Hochhäusern fast 1.300 Mieter wohnen. Aber was heißt "können"? Im Augenblick gibt es ein einziges freies Zimmer und eine ellenlange Warteliste. Die Zimmer in den verschieden großen WG’s und besonders in den Apartments sind begehrt. "Der Trend geht immer mehr zu kleinen Wohneinheiten und Einzelapartments", berichtet Lutz Farack. Ein Großteil seiner Arbeit besteht aus Kontrollgängen - alles muss regelmäßig überprüft werden: Lüftung, Heizung, Elektrische Anlagen, Brandschutzeinrichtungen. Im Winter kommt noch das Schnee schippen dazu. Seine drei Hausmeister-Kollegen und die Wohnheimbereichsleiterin müssen als Team gut zusammen arbeiten, damit die Dienste an allen Feiertage und Wochenenden abgesichert sind. In seiner Freizeit ist Lutz Farack ein begeisterter Kegel-Sportler. Seine Mannschaft spielt in der Landesliga und ist als Aufsteiger auf dem besten Wege, in dieser Saison Meister zu werden.

Zusammengenommen betreuen im Areal Wundtstraße / Zellescher Weg vier Hausmeister und eine Wohnheimbereichsleiter über 1.600 Studenten. Nur momentan "fehlen" ca. 200, denn im Haus 7 arbeiten die Bauleute. Ab Herbst 2009 ziehen auch hier die Studenten in sanierte Zimmer. Dann bleibt als Dinosaurier noch Haus 1 übrig. Lutz Farack sieht es gelassen: "Welches Haus am schönsten ist? - Das werde ich entscheiden, wenn alle Gebäude saniert sind."

Anja Buch

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