Vier Studenten bereisen den Iran

Ein Artikel aus der SPIEGEL-EI-Ausgabe 15/2009, gültig vom 20.07.2009 bis 02.08.2009.

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Im Februar 2009 reisten vier Studenten der ehs in den Iran. (Erlebnisbericht Teil 1)

Nach einer ausführlichen Vorbereitung in einem Studium Generale über zwei Semester durch Professor em. Ulfrid Kleinert an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit Dresden, bestand für eine kleine Gruppe von Interessierten die Möglichkeit, das Land zu besuchen. Vieles, was anfangs ganz klar und unkompliziert schien, war dann doch anders. Es gelang uns beispielsweise nicht, direkten Kontakt mit Lehrenden an den dortigen Universitäten von Deutschland aus aufzunehmen. Wir konnten auch keine Erklärungen finden, weshalb nur ein Teil der Reisewilligen eine Zusage für das Visum bekam, und letztendlich keiner den Visum-Stempel im Pass hatte. Mit all diesen Unsicherheiten wurde unsere Reisegruppe immer kleiner, und wir waren sehr froh über eine sichere, kleine finanzielle Unterstützung vom Studentenwerk.

Ende Februar 2009 bestiegen wir (drei Studenten der Evangelischen Fachhochschule für Soziale Arbeit Dresden, kurz: ehs, und eine iranische Studentin, die z. Z. an der TU studiert) mit vielen Unklarheiten und der großen Sehnsucht nach dem Orient das Flugzeug. Mit Hilfe unserer Muttersprachlerin und einer gewissen Hartnäckigkeit, sich nirgendwo abschütteln zu lassen, klärte sich im Lande alles. Die Menschen sind sehr offen und gastfreundlich, überall wird Hilfe angeboten, und wenn gerade keiner Englisch spricht, wird einer gesucht und auch gefunden, um zu übersetzen.

Vieles in diesem Land war uns fremd, und wir werden wohl immer nur in Ansätzen erahnen können, was die dortigen Regeln bedeuten, wie sie entstanden sind und wie sie in den Menschen wirken und von ihnen gelebt werden. Uns Frauen war klar, dass wir uns in der Öffentlichkeit immer mit einem Kopftuch bedecken müssen. Aber wo ist die Grenze zwischen der Familie und der Öffentlichkeit? Wie genau werden solche Vorschriften von den iranischen Frauen in abgelegenen Gebieten wie beispielsweise im Hochgebirge gelebt? Darf ich als Frau meine Hosenbeine hochkrempeln, um die Wassertemperatur des Kaspischen Meeres zu testen? Es gibt keine klaren Antworten, die Situationen sind immer anders, und auch das machte das Reisen in diesem Land, in dem es so Vieles zu entdecken gibt, so spannend.

Wir besuchten Stätten wie Persepolis, wo es 4000 Jahre alte Bauwerke zu bewundern gibt und folgten dabei den Spuren Alexander des Großen, der dieses Bauwerk zerstörte und damit den Zerfall des persischen Großreiches einleitete. In den Städten Shiraz und Isfahan bestaunten wir die prächtigen Moscheen und waren von der vielfältigen Ornamentik, dem filigranen Fliesenschmuck und dem Glitzern im Inneren der Moscheen überwältigt. Parallel dazu ließen wir uns von den Klängen und Düften der Bazare bezaubern. Und immer wieder wurden wir angesprochen und gefragt, wie es uns gefällt, warum wir dieses Land bereisen und wie die Meinung über Iran in unserer Heimat ist. Und in den Gesprächen, die oft regierungskritisch waren, hörten wir viel Hoffnung auf eine Änderung nach der Wahl. In Iran herrscht eine große Jugendarbeitslosigkeit,und viele der Studenten sehen ihre Zukunft im Westen, der von ihnen frei und schillernd gesehen wird.

In diesem Land, das zu zwei Dritteln aus Wüstengebieten besteht, existiert durch das alte Bewässerungssystem der Quanate, über die Wasser aus den Gebirgen über hunderte Kilometer unter der Erde geleitet wird, Landwirtschaft. Die süßesten Datteln, Pistazien und Rosinen (die nach islamischem Recht nicht mehr zu Wein verarbeitet werden dürfen), stammen aus den Gegenden um Yazd und Kerman. Diese Städte sind charakteristisch durch ihre Häuser, die aus Lehm gebaut sind und durch die Windtürme, die jedes Lüftchen einfangen und das Leben im Inneren der Häuser auch im Sommer erträglich machen. Viele dieser Türme zerfallen, aber man findet auch frisch sanierte. Yazd hat Weltkulturerbestatus, und wir können nur hoffen, dass diese ökologischen und sicher viel weniger störanfälligen Klimaanlagen nicht aus den Stadtbildern verschwinden.

Mit Rucksack und Wanderschuhen erkundeten wir auch Gegenden abseits der Zivilisation und erlebten dabei verschiedenste Landschaften. Mit viel Wasser beladen, wanderten wir wie Kamele durch die Wüste, und zwei Tage später stapften wir im Hochgebirge nördlich von Teheran durch Schnee. Iran ist ein Land der Gegensätze, das neben dem Erdöl noch so viele andere Reichtümer hat und dem man eben jetzt in all den Unruhen nur wünschen kann, dass ein friedlicher Weg zur Entspannung der derzeitigen Lage gefunden wird. Vieles in diesem Land erinnerte uns an unsere Kindheit und Jugend in der DDR, und vielleicht gibt es auch für dieses Land einen Weg der Veränderung. Wir wünschen es den Menschen dort und sind dankbar für das, was wir erleben durften.

Am 06.10.2009 laden wir um 20.00 Uhr in die ehs auf der Semperstraße 2 ein, um von unseren Reiseeindrücken zu berichten. (Spiegel-Ei wird den Termin später noch einmal bekanntgeben.)

Anne Olsen

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